Solidarität unter Druck

Meine Eltern haben ihre Pension schwer verdient. Jahrzehntelang haben sie für mich und ihre Eltern gesorgt. Jetzt, wo ihre Kräfte schwinden, ist es an uns, für sie zu sorgen. Einerseits durch persönliche Fürsorge. Aber auch, indem wir einen Teil unseres Lohnes via Sozialversicherungen (AHV) unserer Elterngeneration überweisen. Gerade in der Altersvorsorge zeigen sich die christlichen Wurzeln unserer Gesetzgebung. Wir arbeiten nicht nur für uns selber. Wir haben die würdevolle Pflicht, durch unsere Arbeit Vater und Mutter zu versorgen und zu ehren (Ex 20,12). 

Heute ist die AHV grossen Belastungen ausgesetzt: Es fehlt das Geld und das Parlament hat kaum griffige Reformen hinbekommen. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer weniger junge für immer mehr ältere Menschen sorgen müssen (Steigende Lebenserwartung, weniger Geburten). Nun steht eine Initiative im Raum, mit welcher alle Rentnerinnern und Rentner eine 13. AHV-Rente erhalten sollen (+8,3%). Das Parlament ist mit rund 70% deutlich dagegen, im Volk hingegen deutet vieles auf ein Ja hin. 

Die 13. AHV-Initiative beschäftigt und beunruhigt mich, weil sie die Solidarität zwischen den Generationen grossen Spannungen aussetzt. Vielleicht haben viele von Solidarität die Nase voll, weil verschiedene Eliten sich selber auch nicht darum geschert haben. Wenn die CEOs einer kaputten Bank Millionenabfindungen erhalten, dann schaue ich jetzt bei der 13. AHV auch mal für mich. Wer am Schluss die Rechnung zahlt, wird zweitrangig. Und dann kommt der Brief von Ex-Bundesräten (die ein lebenslanges Ruhegehalt erhalten) auch nicht gut an. Adolf Ogi hat jedenfalls eine ganze Kiste voller Schmähbriefe erhalten, mehrheitlich von anderen Pensionierten. Fazit: Selbstbedienungsmentalität ist ansteckend. Ich wünsche uns allen viel solidarische Widerstandskraft.

Andi Bachmann-Roth ist Co-Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA.