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Kolumne

Götter in Weiss

20.02.2024

Ich war Gott sei Dank bisher selten in Arztpraxen oder Spitalzimmern zu Besuch und bin darüber nicht unglücklich. Medizinische Geräte oder weisse Kittel lassen mein Herz automatisch höherschlagen. Weniger aus Begeisterung, eher aus Anspannung. Man weiss ja nie, was die noch alles herausfinden … Andererseits bin ich auch schon echt dankbar gewesen, auf die Künste des geschulten Fachpersonals zurückgreifen zu können. Zum Beispiel als ich mir vor ein paar Jahren bei der letzten Talabfahrt eines wunderbaren Skitags den Knöchel verstauchte oder als ich vor bald drei Jahren bei einem dummen Berufs­unfall meine Schulter ausrenkte. Der echt schmerzhafte Zwischenfall gipfelte schliesslich in einer Operation mit Vollnarkose. Damals wie heute bin ich dankbar für die professionelle Betreuung während und nach dem Eingriff und staune darüber, wie ich heute wieder unbeschwert Ski fahren und schwimmen kann. Unglaublich, welchen Standard unsere Medizin mittlerweile erreicht hat. 

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn die Möglichkeiten der modernen Medizin gehen inzwischen weit über das hinaus, was nötig oder sinnvoll wäre. Und hinter diesen euphorischen Aussichten bleiben häufig die ethischen Ansprüche zurück. Denn nicht alles, was machbar ist, ist ethisch auch verantwortbar. Es beginnt bereits bei der Diskussion, ab wann ein Lebewesen als solches gilt und ab wann ein Mensch für tot erklärt werden darf. Oder wie es die Medizinethikerin Ruth Baumann-Hölzle in unserem Gespräch ausdrückt: „Das menschliche Leben und die Menschen – ob Patienten oder Gesundheitsfachpersonal – werden zunehmend instrumentalisiert.“ Das Wunschkind kann heute quasi per Hauslieferung zugestellt werden, der Markt reguliert die Nachfrage. Der Kommerz prägt die Reproduktionsmedizin und die Gesetzgebung hinkt bestenfalls hinterher. Übrigens auch am Lebensende. Da pochen die einen auf das „Recht auf Sterbehilfe“ für alle und wollen ihre liberalen Grundsätze sämtlichen Institutionen aufzwingen. Die anderen fördern Lebensverlängerung um jeden Preis, wenn damit ein paar Franken verdient werden können. Um den veritablen „Turmbau zu Babel“ in der Medizin richtig einordnen zu können, hilft manchmal der Blick in die Geschichte: „Und der HERR fuhr herab, um die Stadt und den Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.“ Dieser Blickwinkel lässt gelassen werden, was uns als Christen freilich nicht davon entbindet, für die Würde des Lebens einzustehen. Bis zum letzten Atemzug.

Daniel Rehfeld, Chefredaktor

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