Die Menschenkette

Kürzlich fuhr ich anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums von ERF Medien mit einem Flussschiff eine Woche auf der Rhône und Saône durch den Süden Frankreichs. Damit ein solches „schwimmendes Hotel“ für rund 130 Gäste funktioniert, braucht es eine starke Crew: Mehr als 40 Menschen aus unterschiedlichsten Nationen arbeiten mit. Dabei gibt es klare Hierarchien mit Rängen und Dienstgraden, abzulesen an der Anzahl Streifen auf der Schulterklappe der Uniform. Jede Person der Crew ist eingeteilt und klassifiziert, hat ihren Bereich, erteilt und empfängt Befehle.

Aber an einem Tag wurde dieses System für einen Moment ausser Kraft gesetzt: Das Schiff hat in einer grösseren Stadt angedockt und ein Lastwagen liefert Waren und Lebensmittel an. Die grossen Paletten können nicht direkt ins Schiff gerollt werden, sondern alles muss einzeln von Hand ins Innere des Schiffs getragen werden. Die ganze Crew bildet darum eine lange Menschenkette: vom Quai draussen über den Steg durch die Rezeption, die Treppe hinunter durch den Speisesaal hindurch bis zuunterst in den Vorratsraum. Ein Paket nach dem anderen wird einzeln durchgereicht. Plötzlich sind Ränge und Dienstgrade nebensächlich. Die Aufgabe ist nur zu meistern, indem sich alle in eine Reihe stellen und gemeinsam anpacken: Putzfrau, Kapitän, Rezeptionistin, Kellner, Köchin, Hoteldirektor, Barpianistin, Matrose. Keine und keiner kann sich herausnehmen, sonst reicht es nicht für die ganze Strecke.

Diese Begebenheit ist sinnbildlich und gilt nicht nur fürs Schiff, sondern auch für die Firma, die Familie, die Kirche, den Verein etc.: Es gibt Heraus­forderungen, die man nur ZUSAMMEN meistern kann – ganz unabhängig von Rang, Herkunft und Funktion.

Mathias Fontana ist Leiter Marketing und Fundraising bei ERF Medien in Pfäffikon ZH.